Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
nach der unangekündigten Pause möchte ich mich zu allererst bei denjenigen entschuldigen, die diesen Blog regelmäßig als Informationsquelle nutzten, nun jedoch seit mehreren Monaten auf einen weiteren Artikel warten. Seit der Aufforderung zur Umfrage über die Wahrnehmung der Katastrophe von Fukushima hat sich die Motivation gelegt, diesen Blog regelmäßig mit Artikeln zu versorgen. Gründe für die Pausierung gab es viele, unter anderem die niedrige Teilnehmerzahl bei der Umfrage und das geringe Interesse an diesem Blog im Allgemeinen. Die Bemühung um die Aufrechterhaltung des Blogs stehen daher in keinem Verhältnis zur Rezeption.
Das Ziel dieses Blogs war es, die Ereignisse in und um Fukushima aufzuarbeiten, zusammenzufassen und zu präsentieren. Interesse für diesen Blog und seinen Inhalt in der Öffentlichkeit zu schaffen, konnte nur teilweise gelingen. Dennoch bedanke ich mich bei allen Lesern, jeden einzelnen Kommentar, jede Meinung und jeden Verbesserungsvorschlag. Zwar wird der Blog vorerst nicht weiter aktualisiert, doch stehen Ihnen die gesamten Artikel nach wie vor zur Verfügung.
Die Ergebnisse der Umfrage können Sie im Folgenden betrachten. Außerdem möchte ich Ihnen weitere Seiten empfehlen, die mir während meiner Recherche als wertvolle Quellen gedient haben. Manche dieser Seiten versorgen Sie nahezu täglich mit Informationen über die Folgen von Fukushima und die aktuellen Debatten um Japans Atompolitik. Sämtliche Quellen finden Sie unter der Rubrik „Informationsmöglichkeiten“ dieses Blogs.
Zum anderen möchte ich auf das Film-Projekt des Schweizers Thomas Köhler aufmerksam machen. Als Japan-Spezialist und Reisefachmann verlor er seine Kundschaft und schließlich seinen Job. Anstatt aufzugeben reiste er nach Japan, begab sich zu Fuß von Hokkaido über die Hauptinseln bis zum Süden Japans und lief insgesamt 2900 Kilometer. Daraus hervorgegangen ist der Film „Negativ: nichts“. Thomas Köhler wollte mit seiner Reise die Menschen überzeugen, dass Japan seit dem 11. März 2011 nicht nur Fukushima kennt. Gleichzeitig spendete er den Menschen neue Kraft und Mut. Seine Premiere feierte der Film bereits im September 2012 in Zürich und Tokio. Eine weitere Vorstellung ist für den 7. Januar in Zürich geplant.
Seit Anfang August, dem Beginn der Umfrage, hat sich in Japan vieles getan. Die Protestbewegungen finden nach wie vor jeden Freitag in Tokio statt, doch auch in anderen Gebieten Japans haben sich Protestler zusammengefunden. Sie protestieren nach wie vor für ein atomfreies Japan. Als die Energiebetreiber Mitte des Jahres sämtliche Atomreaktoren aufgrund von Wartungsarbeiten herunterfuhren und sich sowohl Politiker als auch Privatpersonen gegen die Wiederinbetriebnahme aussprachen, standen die Chancen nicht schlecht. Japan hatte die Grundlage für eine Zukunft ohne Atomstrom.
Diese Chance blieb ungenutzt. Mit der letzten Unterhauswahl und dem neuen Premierminister Abe Shinzô wird sich Japan von seiner konservativen Natur nicht lösen können. Statt der Demokratischen Partei Japans (DPJ) gewann die Liberal-Demokratische Partei (LDP) mit einer Zweidrittelmehrheit. Es ist jene Partei, die seit der Nachkriegszeit fast ununterbrochen die Zukunft Japans dirigierte. Ein Japan, das sein Heil im wirtschaftlichen Erfolg auf der Basis von Atomenergie suchte. Die LDP beförderte ihr Land zu einem der weltweit größten Nutznießer der Atomkraft. Da die LDP als Befürworter der Atomkraft gilt, ist die Hoffnung der AKW-Gegner auf ein atomfreies Japan vorerst nicht tragbar. Zwar war die Zahl derjenigen, die offen gegen Atomkraft protestierten, nicht zu unterschätzen, doch konnten sich die Parteien mit ihrem Parteiprogramm für ein zukünftiges Japan ohne Atomstrom bei der Unterhauswahl nicht durchsetzen.
Trotz massiver Protestbewegungen ist die politische Mehrheit noch immer für die Erhaltung der Atomkraft im eigenen Land. Die Wiederinbetriebnahme und der Neubau weiterer Kraftwerke ist wahrscheinlicher geworden. Japan steht wieder am Anfang, vor der Katastrophe von Fukushima. Das Unglück jährt sich in wenigen Monaten zum zweiten Mal. Für viele Japaner ist das Unglück von 2011 längst vergessen. Für die AKW-Gegner wird es umso härter, weitere Mitglieder zu gewinnen, die die Demonstrationen am Leben halten. Womöglich härter, als wenige Wochen nach dem 11. März 2011, als sich die Japaner nach und nach als Kollektiv am öffentlichen Protest versuchten.
Auswertung der Umfrage
Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl lässt sich das Ergebnis der Umfrage nur schwer interpretieren. Die Antworten sind nicht repräsentativ. Eine Betrachtung der Ergebnisse empfehle ich Ihnen dennoch. Die Umfrage wurde überwiegend deutschen Japanologen präsentiert und ist einer der möglichen Gründe für den hohen Anteil an Teilnehmerinnen. Eine Interpretation nach Nationalität ist nicht möglich, da zu wenige Menschen verschiedener Nationalitäten teilgenommen haben.
- Teilnehmeranzahl: 36
- davon Frauen: 72 Prozent
- davon Teilnehmer mit deutscher Nationalität: 89 Prozent
- Durchschnittsalter: 30 Jahre
- Wie informieren Sie sich über die aktuelle Lage der Atompolitik Japans? [Mehrfachantworten waren möglich]
- Die Nuklearkatastrophe von Fukushima ist in meinem Umfeld noch immer ein Gesprächsthema.
- Trotz des Reaktorunglücks von Fukushima kommt für mich eine Reise nach Japan in Frage.
- Im Falle eines Aufenthalts in Japan meide ich die Metropole Tokio aufgrund deren Nähe zum Atomkraftwerk Fukushima.
- Im Falle eines Aufenthalts in Japan warnen mich Freunde und Familie vor den gesundheitlichen Risiken.
- Im Falle eines Aufenthalts in Japan achte ich beim Einkauf auf die Herkunft der Lebensmittel.
- Das gesundheitliche Risiko eines Aufenthalts in Japan ist heute genauso niedrig, wie vor dem Unglück von Fukushima.
- Der Umgang mit Atomkraft durch Vertreter aus Politik und Wirtschaft ist in Deutschland sicherer als in Japan.
- Die Informationen der Regierung und Medien Japans zur eigenen Atompolitik sind zuverlässig.
- Die Gefahr einer radioaktiven Kontamination in Japan besteht auch außerhalb der Sperrzone um das Kraftwerksgelände von Fukushima.
- Ich bin zuversichtlich, dass von dem Kraftwerk Fukushima Daiichi keine Gefahr mehr ausgeht.
- Ich mache mir Sorgen um die Zukunft Japans aufgrund des Unglücks von Fukushima.
- Die Katastrophe von Fukushima war verheerender, als der Unfall von Tschernobyl.
- Aufgrund des Reaktorunglücks von Tschernobyl achte ich beim Kauf von Lebensmitteln in Deutschland auf deren Herkunft.
- Von Stör- und Unfällen, wie wir sie von Tschernobyl und Fukushima kennengelernt haben, sind deutsche Kernkraftwerke nicht betroffen.
Medien (Presse): 92 Prozent
Freunde/ Verwandte: 56 Prozent
Blogs: 44 Prozent
Fachbücher: 25 Prozent
Öffentliche Ämter: 17 Prozent
NGOs: 14 Prozent
Alle Teilnehmer mussten bei den folgenden Fragen zwischen fünf Antwortmöglichkeiten wählen. Für die Auswertung wurde jeder Antwort ein Zahlenwert zugeordnet, um den Mittelwert zu bilden. Die entsprechende Antwort des Mittelwerts steht neben dem Zahlenwert.
1 Stimme gar nicht zu | 2 Stimme nicht zu | 3 Weiß nicht | 4 Stimme zu | 5 Stimme völlig zu
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3,9 – Stimme zu
4,3 – Stimme zu
1,9 – Stimme nicht zu
3,6 – Stimme zu
3,9 – Stimme zu
2,2 – Stimme nicht zu
2,7 – Weiß nicht
1,9 – Stimme nicht zu
4,4 – Stimme zu
1,6 – Stimme nicht zu
3,8 – Stimme zu
2,8 – Weiß nicht
2,2 – Stimme nicht zu
2,0 – Stimme nicht zu
Auffällig ist die mehrheitliche Zustimmung für eine Reise nach Japan trotz des Bewusstseins, dass die Kontamination über das Kraftwerksgelände von Fukushima hinausgeht. Für die große Mehrheit ist der Aufenthalt in Tokio trotz der Nähe zu Fukushima selbstverständlich. Weiterhin ist der Großteil überzeugt, dass weder die japanische Regierung noch die Medien zuverlässige Informationen liefern. Wohl gerade aus diesem Grund würden im Falle eines Aufenthalts in Japan die meisten Teilnehmer auf die Herkunft der angebotenen Lebensmittel achten. Die weitere Interpretation überlasse ich dem jeweiligen Betrachter.