Das Tôhoku-Erdbeben 2011 und die Intention von „Fukushima 24/7“

Es war der 11. März 2011, als vor der Präfektur Miyagi der japanischen Region Tôhoku um 14.46 Uhr Ortszeit ein Beben im Pazifischen Ozean gemessen wurde, das nachträglich als „Tôhoku-Erdbeben 2011“ bzw. „Große Erdbebenkatastrophe Ost-Japans“ in die Geschichte einging. Nach Informationen der Japan Meteorological Agency (JMA) lag das Hypozentrum in annähernd 24 km Tiefe und hatte eine Stärke von 9,0 auf der Momenten-Magnituden-Skala. Eine Intensität, die das größte, jemals in Japan gemessene Beben erzeugte. Das Epizentrum des Bebens wurde etwa 370 km nordöstlich von Japans Metropole Tokio gemessen und konnte aufgrund seiner Stärke problemlos auf der gesamten japanischen Inselkette nachgewiesen werden.

Beben-Verteilung vom 11. bis 14. März 2011 vor der Küste Japans. (Hellgrün: 11.3.2011, Gelb: 12.3.2011, Orange: 13.3.2011, Rot: 14.3.2011)

Die gewaltige Intensität der Erschütterung war zugleich der Auslöser für zwei weitere Katastrophen, weshalb das Beben nur kurze Zeit später als sogenannte „Dreifachkatastrophe“ weltweit in den Medien zirkulierte. Der mehr als 10 Meter hohe Tsunami war einer der beiden Katastrophen, die aus dem Seebeben resultierten, und richtete starke Verwüstungen an der Küste Miyagis an. Besonders betroffen und von internationalen Medien durch Bild- und Videodokumentationen oftmals aufgegriffen war die japanische Großstadt Sendai, die sich 130 km westlich des Epizentrums befand.

Erdbeben, ob auf dem Festland oder als Seebeben, sind in Japan keine Seltenheit, sodass es nicht wundert, dass trotz einer solch hohen Zerstörungskraft das größte Schadenspotential abgewendet werden konnte; trotz einer für die Anwohner schwer zu verarbeitenden Anzahl von mehr als 15.700 Todesopfern. Als Vergleich dient das vielen Betroffenen im Kopf noch immer präsente Erdbeben von Haiti am 12. Januar 2010 mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl an Todesopfern von über 316.000 bei einem Wert von 7,0 auf der Momenten-Magnituden-Skala. Japan ist sich aufgrund seiner markanten Lage zwischen vier tektonischen Platten stets über die Gefahr von Erdbeben bewusst und tut die fast täglichen Erschütterungen nahezu als Alltagsphänomen ab. Ein ausgereiftes Frühwarnsystem und eine Vielzahl von vorbeugenden Maßnahmen verhelfen dem Großteil der Bevölkerung, sich auch vor großen Beben zu schützen. Mit 685 Toten und 180 Vermissten traf es die Großstadt Sendai durch den Tsunami womöglich am verheerendsten, doch konnte das Schlimmste bei einer Einwohnerzahl von mehr als eine Million Menschen und der Ankunft der Wassermassen innerhalb weniger Minuten verhindert werden.

Die Großstadt Sendai nach dem Tsunami.

Nach diesen Daten wäre das Tôhoku-Beben zwar als größtes je in Japan gemessenes Erdbeben eingegangen, hätte jedoch binnen Kürze das geballte Medieninteresse verloren, wie es sich noch viele Wochen nach der Katastrophe generierte. Seinen Fortbestand fand es mit der dritten Katastrophe, die den Menschen heute durch das Stichwort „Fukushima“ jene dramatischen Tage in Erinnerung rufen, die unmittelbar mit den schweren Störfällen der Kernkraftwerke von Fukushima Daiichi zusammenhängen.

Der Schock saß weltweit tief, als sich die unvermeidbare Katastrophe mindestens einer Kernschmelze herauskristallisierte; und das in einem Land, das als Industrienation von moderner Technologie geprägt ist und längst seine Mitgliedschaft unter den G8 stolz vertreten kann. Bereits die atomare Katastrophe von Tschernobyl 1987 erzeugte ein ähnliches Medieninteresse, konnte auf den Schultern nachlässiger Bedienung und gefahrenträchtiger Bauweise des Atommeilers jedoch schnell auf die Rückständigkeit seines Standorts abgewälzt werden. Nun traf es im frühen 21. Jahrhundert eine hoch entwickelte Industrienation, die sich trotz der Kombination aus Atomkraft und dem Turnus von Erdbeben sicher glaubte.

Was ist passiert? Was waren die Gründe? Hätte man dieses Szenario vorhersehen können? Wer trägt die Schuld? Was geschieht jetzt? Die Fragen nach den Ursachen und den Folgen dieser Katastrophen nehmen auch heute kein Ende. Zurückzuführen lässt sich dies mitunter auf die Verschwiegenheit des „Eisernen Dreiecks“: Der Kooperation von Betreiber TEPCO, Atom-Aufsichtsbehörden und der japanischen Regierung. Doch was passiert ist, lässt sich nur schwer rückgängig machen. Es heißt, die Katastrophe aufzuarbeiten, zu verarbeiten und Antworten zu finden, die nicht nur die Vergangenheit unter die Lupe nehmen, sondern auch die Gegenwart nach passablen Lösungen abtasten. Es heißt, das wohl vertraute und fabelhaft einstudierte Totschweigen zu brechen und die Aufmerksamkeit unserer Mitmenschen zu erlangen.

Ein verzerrtes Satellitenbild der Unglücksstelle Fukushima Daiichi. Zu sehen sind die Reaktorblöcke 3 und 4. (Copyright © Digital Globe, Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Das Team hinter „Fukushima 24/7“ ist keine Hinterlassenschaft diverser Anti-Atomkraftbewegungen, sofern unserer Leser diese Vermutung bereits hegten. Das Ziel ist vielmehr, das Problem des Totschweigens und „Herunterspielens“ gezielt anzugehen und für Aufklärung zu sorgen, welche Spätfolgen die Atomkatastrophe für die Tôhoku-Region und die japanische Bevölkerung hat. Hierbei konzentrieren wir uns sowohl auf eine gezielte Aufarbeitung, klären Fragen nach den Ursachen der Katastrophe und versorgen Sie mit aktuellen Informationen. Dieser Blog erhält keine fest geplante, regelmäßige Aktualisierung, sondern wird nach Ereignislage und dem Stand unserer Recherche versorgt. Nichtsdestotrotz sind wir bemüht, wöchentlich das Mindestmaß von einem Artikel zu erfüllen, um Ihre Aufmerksamkeit für dieses Projekt auf einem stabilen Niveau zu halten.